Bezahlen unterhaltspflichtige Väter die Alimente für ihre Kinder nicht, springt Vater Staat ein. Doch Kantone und Gemeinden haben zusehends Mühe, die vorgeschossenen Gelder wieder einzutreiben. Die Rechnung zahlt der Steuerzahler.
Die Schere öffnet sich. Immer mehr Alleinerziehende in der Schweiz erhalten Alimente vom Staat. Aber immer weniger vorgeschossene Alimente können bei den unterhaltspflichtigen Elternteilen eingezogen werden. «Die Entwicklung ist haarsträubend», sagt Agnes Burren-Wyss, Leiterin der Alimenten-Inkassostelle für den Kanton Aargau in Brugg. Als sie ihren Job im Jahr 2001 antrat, gab es 600 Fälle von Alimentenbevorschussung. Inzwischen sind es im Kanton rund 900. Im ganzen Land stellen Vormundschaftsbehörden und Alimentenstellen mit Sorge einen ähnlichen Zuwachs fest.
Im Regelfall ist es der geschiedene Vater, der seine Unterhaltspflichten nicht erfüllt und die nach einer Trennung beziehungsweise Scheidung festgelegten Alimente für die Kinder nicht bezahlt. Damit diese Situation allein erziehende Mütter nicht belastet, wurde 1980 gesamtschweizerisch die Alimentenbevorschussung eingeführt. Kantone und Gemeinden strecken die Alimente vor und versuchen, den Betrag von der unterhaltspflichtigen Person zurückzuholen. Doch genau dies wird immer schwieriger. Oft spielen wirtschaftliche Gründe ein Rolle. «Es gibt eine Zunahme an Arbeitslosen, IV-Rentnern, Working Poor; viele Personen sind am Existenzminimum, das spüren wir», meint Paolo Stoppa, Leiter der kantonalen Finanzabteilung der Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt. Allein seine Amtsstelle streckt jährlich 1,6 Millionen Franken an Alimenten vor, maximal 604 Franken pro unterhaltspflichtigem Kind. Doch nur 400 000 Franken lassen sich wieder eintreiben. Das Defizit wird von der öffentlichen Kasse gedeckt. Mit einer Quote von 25 Prozent gehört Basel in Sachen Zahlungsmoral zwar landesweit zur traurigen Spitze, doch in absoluten Zahlen müssen andere Kantone weit tiefer in die Tasche greifen. Beispiel Zürich: Kanton und Stadt geben dort zusammen fast 50 Millionen Franken an Alimentenbevorschussung aus, doch nur rund einen Drittel dieses Betrags vermögen sie wieder einzutreiben. In der ganzen Schweiz, so eine Schätzung des Nachrichtenmagazins «Facts», finanziert die öffentliche Hand jährlich 150 Millionen Franken infolge säumiger Alimentenzahler.
Ist das Verständnis für die staatlichen Unterstützungen in wirtschaftlichen Notlagen noch gross, so nimmt es schnell ab, wenn Väter trotz einer entsprechenden finanziellen Ausstattung ihren Pflichten nicht nachkommen. Dabei sieht das Schweizer Strafgesetzbuch sogar Gefängnisstrafe für Personen vor, die ihre familienrechtlichen Unterhalts- oder Unterstützungspflichten nicht erfüllen. Doch das Verantwortungsbewusstsein für den Unterhalt sinkt rapide. Dies hat auch psychologische Gründe. Geschiedene Männer sehen sich doppelt benachteiligt, wenn die Trennung von der Frau vorangetrieben wurde und womöglich das Besuchsrecht mit den Kindern nicht funktioniert. Dann wollen sie nicht zahlen. Auch die Angst vor dem Abstieg spiegelt sich bei den Alimentenzuschüssen. «Die Scheidung mit entsprechenden Unterhaltspflichten kann für Männer ein Abrutschen in die Armut bedeuten», sagt die auf Familienrecht spezialisierte Locarneser Anwältin Barbara Simona Dauchy. Die Verweigerung der Alimentenzahlung sei wie ein Aufbäumen gegen diesen Statusverlust.
Die Behörden registrieren die sinkende Zahlungsmoral. «Der Aufwand zum Eintreiben der Gelder wird immer grösser», bilanziert Paolo Stoppa. Fruchtlos bleiben die Versuche häufig, wenn sich die Väter ins Ausland abgesetzt haben. Zwar regelt das New Yorker Abkommen von 1956 die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen zwischen den meisten westlichen Staaten. «Wenn sich die Unterhaltspflichtigen in Thailand oder im Kongo befinden, nützt das Abkommen nichts», klagt Stoppa. Ob die Mütter Alimentenvorschüsse für ihre Kinder bekommen, hängt in fast allen Kantonen von ihrer eigenen finanziellen Situation ab. Nur in den Kantonen Bern und Tessin fliesst die Unterstützung unabhängig von der Einkommenssituation der Mutter. Das Tessin hat allerdings auf Jahresbeginn 2005 die Schraube angezogen. Der Anspruch für Alimentenvorschüsse wurde auf fünf Jahre beschränkt - ein Entscheid, der landesweit Schule machen könnte und zugleich die Vereinigung von Einelternfamilien erzürnt hat. Mit einer Petition hofft man, den Entscheid rückgängig zu machen. Doch selbst SP-Regierungsrätin Patrizia Pesenti hält die Beschränkung für richtig. Wenn ausbezahlte Gelder nie zurückerstattet werden, kann ihrer Meinung nach nicht mehr von Vorschuss die Rede sein. Deshalb sollen nach fünf Jahren nicht Vorschüsse, sondern reguläre staatliche Sozialleistungen - wie Integrationszulagen oder Sozialhilfe - in Anspruch genommen werden.
Eine radikale Lösung zur Ankurbelung der Zahlungsmoral der unterhaltspflichtigen Väter schlug vor einigen Jahren die Grünen-Nationalrätin Franziska Teuscher aus Bern vor. Säumige Alimentezahlende sollten ihrer Meinung nach mit dem Entzug des Führerausweises bestraft werden. In vielen US-Bundesstaaten sei dieses Mittel mit Erfolg eingesetzt worden. Der Bundesrat lehnte das Ansinnen allerdings ab. Das geltende Recht erlaube diese Art der Bestrafung für Alimenteschuldner nicht.
Ich
möchte den obenerwähnten Artikel als Gelegenheit nutzen, über immer häufiger
vorkommende Ereignisse während und nach einer Scheidung zu berichten. Diese
Hintergrundinformationen sind wichtig, um zu beurteilen wie weit das
„Verständnis“ zum Nichterfüllen der Unterhaltspflicht gehen darf.
Die Scheidungsrate in der Schweiz liegt bei 44 %. In 80 % der Fällen wird die
Scheidung von der Frau eingereicht. Dies erstaunt insofern nicht, muss doch die
Frau kaum Risiken eingehen.
Erstens: Der Mann zahlt Unterhalt für die Kinder und wenn die Frau wegen der
Kinderbetreuung keiner oder nur einer Teilzeitanstellung nachgehen kann, auch
für die Frau.
Zweitens: Hat die Frau schon während der Ehe tagsüber teilweise die
Kinderbetreuung übernommen, kann sie davon ausgehen, dass die Kinder auch nach
der Scheidung bei ihr belassen werden. Dies auch wenn der Vater bereit ist,
Betreuungsaufgaben zu übernehmen! Die jungen Väter, die es besser machen wollen
als Väter früherer Generationen, spielen nach Feierabend mit den Kindern,
wickeln sie, geben ihnen den Schoppen, singen mit ihnen, lesen ihnen Geschichten
vor, putzen ihnen die Zähne, bringen sie ins Bett und stehen auch nachts oft
auf, um zu wickeln und um der Frau die von ihr als Störung empfundenen
Schlafunterbrüche zu abzunehmen. Die jungen Väter tun das gerne. Sie sind stolz
auf ihre Sprösslinge.
Nach der Scheidung werden diese engagierten Väter sowie deren Kinder zu einem
gegenseitigen Besuchsrecht von zwei Wochenenden im Monat verurteilt. Die Person,
die sich in der knappbemessenen Freizeit tagtäglich intensiv um die kleinen
Engel bemüht hat, darf die eigenen Kinder noch an vier Tagen pro Monat sehen.
Nun kann eingewendet werden, dass es doch im neuen Scheidungsrecht die
gemeinsame elterliche Sorge gibt. Das Gesetz über die gemeinsame elterliche
Sorge ist eine Totgeburt! Es tritt nämlich nur in Kraft, wenn beide Elternteile
einverstanden sind. Sind sich zwei Parteien jedoch einig, braucht es kein
Gesetz. Da die Mutter nichts zu verlieren hat, stellt sie sich im Normalfall
gegen die gemeinsame elterliche Sorge.
Wir haben nun gesehen, dass die strittigen Punkte bei einer Scheidung die
Unterhaltszahlungen und die Betreuung der Kinder sind. „Geschiedene Männer“ sind
„doppelt benachteiligt“. Einerseits streben sie während der
Scheidungsverhandlung danach, die Unterhaltszahlungen moderat zu halten.
Andererseits möchten sie möglichst grosszügigen Kontakt zu ihren Kindern. Die
Frau ist am längeren Hebel und nützt die Situation in vielen Fällen bis zur
Erpressung aus. Welcher Mann neigt nicht dazu, bei den Unterhaltsforderungen
wegzuschauen, um die Verhandlungen betreffend den Kontakten zu den Kindern nicht
zu gefährden?
Nun leben die Kinder 26 Tage pro Monat bei der Mutter, die sich nun
„alleinerziehend“ nennt. Diese ist aufgrund ihrer Situation überfordert und
gestresst. Der Sündenbock ist schnell gefunden. Häufig hören die Kinder, dass an
der ganzen Situation nur der Papi schuld ist. Wen wundert’s, dass die Kinder
sich nun von diesem „schuldigen“ Papi distanzieren? Die Mutter hat doch bestimmt
recht. Sie darf doch nicht lügen.
Und wen wundert’s jetzt noch, wenn die Papi’s als Re-Aktion trotz
entsprechender finanzieller Ausstattung ihren Pflichten nicht nachkommen?
Das geltende Gesetz fördert Missbrauch und die Verwässerung der Institution
Familie. Nur eine Gesetzesänderung – gemeinsame elterliche Sorge als
Regelfall – kann diesen Missständen ein Ende bereiten und den
Bundesverfassungsartikel 8 zur Gleichstellung von Mann und Frau erfüllen.
Die Nationalrätin Franziska Teuscher schlägt vor, säumige Alimentenzahler sollen
mit dem Entzug des Führerausweises bestraft werden. Frau Teuscher täuscht sich
in zweierlei Dingen. Ohne Auto sinkt in vielen Fällen das Einkommen, sodass der
Mann seiner Unterhaltspflicht wirklich nicht mehr nachgehen kann. Und Frau
Teuscher verwechselt Äpfel mit Birnen - oder Finanzielles mit der Liebe zu
Kindern.