«Neues Leben ohne Altlasten» (ObNa vom 14.12.)
Ich möchte den obenerwähnten Artikel als Gelegenheit nutzen, über häufig
vorkommende Ereignisse während und nach einer Scheidung zu berichten.
Diese Erläuterungen sind wichtig, um zu beurteilen wie weit das
«Verständnis » zum Nichterfüllen der Unterhaltspflicht gehen darf. Die
Scheidungsrate in der Schweiz liegt bei 53 Prozent. In 80 Prozent der
Fällen wird die Scheidung von der Frau eingeleitet. Dies erstaunt
insofern nicht, muss doch die Frau kaum Risiken eingehen. Der Mann zahlt
Unterhalt für die Kinder und wenn die Frau wegen der Kinderbetreuung
keiner oder nur einer Teilzeitanstellung nachgehen kann, zahlt er auch
für die Frau. Hat die Frau während der Ehe tagsüber teilweise die
Kinderbetreuung übernommen, kann sie davon ausgehen, dass die Kinder
auch nach der Scheidung bei ihr belassen werden. Dies obwohl der Vater
auch nach der Trennung gerne Betreuungsaufgaben übernehmen würde! Die
jungen Väter, die es besser machen wollen als Väter früherer
Generationen, spielen nach Feierabend, wickeln, «schöppeln», singen,
lesen vor, putzen Zähne, bringen die Kinder ins Bett und stehen auch
nachts auf, um der Frau die von ihr als Störung empfundenen
Schlafunterbrüche abzunehmen. Die jungen Väter tun das gerne! Nach der
Scheidung werden diese engagierten Väter, die sich tagtäglich um die
kleinen Engel bemüht haben, zu einem Besuchsrecht von zwei Mal 48
Stunden im Monat verurteilt. Der Einwand, dass doch im neuen
Scheidungsrecht das gemeinsame Sorgerecht eingeführt wurde, gilt nicht.
ZGB Art. 133 ist eine Totgeburt! Die gemeinsame elterliche Sorge tritt
nämlich nur in Kraft, wenn beide Elternteile einverstanden sind. Sind
sich zwei Parteien einig, braucht es jedoch kein Gesetz. Da die Mutter
nichts zu verlieren hat, stellt sie sich im Normalfall gegen das
gemeinsame Sorgerecht. Geschiedene Männer sind doppelt benachteiligt.
Einerseits möchten sie bei der Scheidungsverhandlung die
Unterhaltszahlungen moderat halten. Andererseits streben sie nach
möglichst grosszügigem Kontakt zu ihren Kindern. Die Frau mit der
gesetzlich angeordneten Machtballung sitzt am längeren Hebel, nützt
die Situation in vielen Fällen bis zur Erpressung aus. Welcher Papi
schaut bei den Unterhaltsforderungen nicht weg, um die Verhandlungen
betreffend Kinderbesuchen nicht zu gefährden? Nun leben die Kinder 26
Tage pro Monat bei der Mutter, die sich nun «alleinerziehend» nennt. Sie
ist aufgrund der Situation überfordert und gestresst. Der Sündenbock
ist schnell gefunden. Häufig hören die Kinder, dass am Schlamassel nur
der Papi schuld ist. Wen wundert’s, dass die Kinder sich nun von diesem
«schuldigen» Papi distanzieren? Nun steht der Papi alleine da, hat keine
Familie mehr, kann die Kinder nicht mehr betreuen, soll sie nicht mehr
sehen dürfen. Wofür soll er denn noch zahlen, fragt er sich. Das
geltende Gesetz fördert den Missbrauch. Nur eine Gesetzesänderung –
gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall – kann diesen Missständen ein
Ende bereiten und beide Elternteile in die Pflicht nehmen und sie
Verantwortung übernehmen lassen.
PS Ich komme meinen Unterhaltspflichten nach.
Patrick Baumann, Arbon |
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